Interview mit Dr. med. vet. Isabel Imboden Teil 3/3

Sie sprechen an (Kapitel «Livestock vs companion animal», Seite 2), dass es vermehrt Personen gibt, die Pferde als Begleiter haben – nicht zum Reiten, aber um einen Partner zu haben, mit dem man beispielsweise spazieren gehen kann. Dadurch wächst das Risiko, dass die öffentliche Meinung verlagert wird und das Reiten nicht mehr als ethisch korrekt angesehen wird, weil man ja auch anders mit Pferden umgehen kann, als darauf zu reiten. Denken Sie, hier ist die reitende Pferdebranche in der Pflicht, dagegenzuwirken?

Durchaus. Jeder Reiter weiss, dass ein Pferd gerne beschäftigt ist, und dass gerade unsere Sportpferde einen hohen Bewegungsdrang haben, dem man mit Spaziergängen nicht gerecht wird. In ethischen Grundsatzdiskussionen wird jedoch jede Form der Nutzung des Pferdes in Frage gestellt, welche die Freiheit eines Pferdes einschränkt. Zum Glück sind wir noch weit davon entfernt, dass solche Ansichten von einer Mehrheit geteilt werden. Es gibt aber bereits einige (laute) Stimmen, welche vor allem das Reiten zu sportlichen Zwecken als tierschutzrelevant betrachten. Die ausreichende Bewegung in allen drei Grundgangarten ist ein wichtiger Grund dafür, dass Pferde regelmässig geritten werden sollten, vor allem wenn nicht hektarenweise Weidefläche zur Verfügung stehen. Jedoch ist aus rein physiologischer Sicht die «Notwendigkeit» der sportlichen Nutzung per-se schwer objektiv zu argumentieren. Hier steht die reitende (und sportlich ambitiöse) Pferdebranche in der Pflicht zu zeigen, dass die Pferde als gleichwertige Partner respektvoll und wertschätzend behandelt werden und auch Sportpferde ein zufriedenes und ihren Bedürfnissen entsprechendes Leben führen können.

Tierschützer üben vermehrt Druck auf die Pferdebranche aus. Denken Sie es ist möglich, dass der Reitsport irgendwann verboten wird?

Unwahrscheinlich, aber ganz ausgeschlossen ist es zugegebenermassen nicht. Während der Pferdesport zurzeit in der breiten Öffentlichkeit immer noch akzeptiert wird, ist man heute doch weit entfernt von der vollen Unterstützung und Begeisterung, welche dem Sport früher entgegengebracht wurde. Szenen, in denen die reiterlichen Ambitionen scheinbar über das Pferdewohl gesetzt werden (z.B. durch die Nutzung von Ausrüstungsgegenständen, welche einen Zwang suggerieren – aufwändige Zäumungen, Peitschen, Hilfszügel, etc.) werden in der öffentlichen Wahrnehmung von westlichen Gesellschaften immer weniger toleriert. Hier kann auch eine gute Aufklärung wenig daran ändern – die Öffentlichkeit wird sich nie mit der Notwendigkeit eines scharfen Gebisses auseinandersetzen! Es ist daher von grosser Wichtigkeit, dass die Legitimität des Pferdesportes nicht durch schlechte Bilder oder Berichterstattungen noch weiter erodiert wird. Ein wertschätzender, bedürfnis-orientierter Umgang mit dem Pferd der sowohl gelebt wie auch transparent kommuniziert wird, ist von grosser Bedeutung für die zukünftige Akzeptanz des Sportes.

Gibt es etwas, dass Sie den zukünftigen Reitprofis, die zum Teil auch an den Zürich Youth Masters teilnehmen, mitgeben möchten?

Die Pferde sind die aller wichtigsten Akteuren im Reitsport. Einen respektvollen und partnerschaftlichen Umgang mit ihnen ist das Mindeste, was von der Pferdebranche verlangt werden kann. Jeder Reitprofi der Gegenwart und der Zukunft sollte seine Handlungen dem Pferde gegenüber immer wieder reflektieren, und sich fragen – bin ich dem Pferd gegenüber fair, respektiere ich seine Bedürfnisse, und wie wirken meine Handlungen auf das Pferd, und auf nicht-pferdekundige Menschen?